1926 hatten die Singzirkelianer ihren ersten König: Carl Wehrmann.
"Turner, Sänger, Schützen sind des Reiches Stützen", heißt es in einem alten Kommerslied aus der Kaiserzeit. Die Gemeinsamkeit dieser drei Organisationen bestand zu der Zeit in der Liebe zum Vaterland und zum Singen. Schützen waren schon immer eifrige Sänger. Nach dem Wettstreit auf dem Schießstand und bei anderen Gelegenheiten fand man sich froher Runde und einem lustigen Lied zusammen. Sänger hatten immer schon vielseitige Interessen, deshalb wundert es nicht, daß Mitglieder des Singzirkels auch unter den aktiven Schützen anzutreffen waren.
Ein Schützenkönig in Winsen hatte von jeher besondere Verpflichtungen, die zu übernehmen nicht jeder Schütze in der Lage war, der nicht über das nötige Kapital verfügte.
"Um beim Schießen auf die Königsscheibe auch mithalten zu können, gründeten am 09.Juli 1924, am Mittwoch nach dem Schützenfest, 12 junge Schützen des Singzirkels die
Singzirkel-Schützenkönigs-Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit.
Wie der Name schon sagt, ist die Mitgliedschaft daran geknüpft, daß jemand einerseits dem Schützenkorps und andererseits dem Singzirkel angehört.
Zweck und Ziel sind die gegenseitige Unterstützung zum Schützenfest, wenn einer ihrer Mitglieder Schützenkönig wird.
Sie beschließen eine Beitragsumlage einzuzahlen (1924 war es 1 Mark pro Woche), aus der dem Schützenkönig eine angemessene Summe zur Verfügung gestellt wird und ihm auch sonst Unterstützung zu
gewährleisten.
Eine Satzung, die alle diese Punkte regelt, wird von Heinrich Ahlers aufgesetzt, der Vorsitzender des Singzirkels ist und als Gründungsinitiator sofort zum Vorsitzenden der Versicherung gewählt
wird. Dieses Amt hat er 39 Jahre bis 1963 ausgeübt.
Die weiteren Gründer sind: Otto Ahrens, Hermann Dubber, Peter Fehling, Willi Gabel, Eduard Gade, Bernhard Grimm, Henry Harms, Wilhelm Meinerzhagen, Wilhelm Schubert, Carl Wehrmann und Bernhard
Wenck.
(Die Töchter und Schwiegersöhne von Bernhard Grimm und Carl Wehrmann sind heute noch aktiv in der Versicherung tätig)
Schon bald stellte sich der erste Erfolg ein: 1926 muß die Versicherungskasse zahlen.
Der junge Schlachtermeister Carl Wehrmann (23 Jahre) wird Schützenkönig und darf die stolze Beigabe von 600,- Reichsmark einstreichen."
Inzwischen haben die singenden Schützen in den 80 Jahren des Bestehens ihrer Versicherung 20 mal den König gestellt, im Schnitt also alle 4 Jahre einen König.
Haben in den ersten Jahren die Herren jeweils am Montag allein ein Frühstück unter sich eingenommen, so durften nach 15 Jahren auch die Ehefrauen daran teilnehmen. Aus dem Frühstück wurde
im Laufe der Jahre ein Festessen, das noch heute am Schützenfest Sonntag eingenommen wird und zu einem festen Ritual mit Rosenkavalier, Damenrede und launigen Vorträgen geworden
ist.
Auch hat sich der Grundsatz, nur Sängerschützen aufzunehmen, dahingehend geändert, daß auch Nichtsänger oder Nichtschützen beitreten dürfen, denn nicht jeder gute Schütze kann singen bzw. gute
Sänger mag schießen, doch alle verbindet der Zusammenhalt in der Gemeinschaft.
Einmal im Jahr vor dem Schützenfest kommen die Mitglieder zusammen, um über die wichtigen Punkte zu sprechen und abzustimmen. Dabei geht es oft sehr lustig und turbulent zu, so daß der
Vorsitzenden sich mit der großen Schiffsglocke Respekt verschaffen muß.
links: Die Singzirkel-Versicherung Ende der 30er Jahre vor Dammanns Hotel
rechts: Zehn singenden Könige hatten die Singzirkelianer 1964 vorzuzeigen
In früheren Jahren mußten die Mitglieder satzungsgemäß mit dem Auto oder Bus zum Essen herangefahren werden, was zur Aufgabe des so ernannten "Schleusenwäters" gehörte. Nach dem Malermeister Heinrich Boshold und dem allseits bekannten Hans (Janni) Wehrmann, hat die Nachfolge Ernst-Ludwig (Luden) Petersen übernommen, der auch zusätzlich das Amt des "Glockenpflegers" ausführt.
Um das sorgfältig geführte Protokollbuch haben sich seit der Gründung mehrere Schützenbrüder verdient gemacht, heute führt es mit gleicher Sorgfalt Rolf Niemeyer, der auch zusätzlich die
Kassenführung von Bernhard Grimm übernommen hat und seitdem 2 Titel führt, nämlich "Schatzmeister" und "Hauptschreiber". Hans Balke löste 1963 den langjährigen Vorsitzenden Heinrich Ahlers ab,
bis 1969 der Singzirkel-Vorsitzende Helmut Ahrens an die Spitze der Königsversicherung rückte. Aufgrund seines unermüdlichen Einsatzes wurde er 1981 mit dem Titel "Präsident" gewürdigt.
Nach dessen Tod im Jahre 1998 bat man seinen Schwanger Walter Klie, dieses Ehrenamt weiterzuführen, und so wurde er nach 74 !! Jahren der 4. Vorsitzende dieser Versicherung
Seit 1979 führte die Versicherung alljährlich kurz vor dem Schützenfest ein Übungsschießen durch, um den Königsschuß zu proben. Dabei geht es um Pokale und Preise. Dieses Schießen ist zu einem
festen Bestandteil der Singzirkel-Schützenkönigs-Versicherung geworden, bei dem es dank des gespendeten Freibieres immer lustig und ausgelassen zugeht.
Seit 1993 wird nach einem Antrag des Mitglieds Günter Härtel mit der Schiffsglocke das Ende des Schießens mit 25 Glockenschlägen eingeläutet. Dabei gelten die ersten 5 Schläge dem Winsener
Schützenkorps von 1848, die nächsten 5 Schläge der Singzirkel-Schützenkönigs-Versicherungs-Gesellschaft a.G. von 1924, als ältester Versicherung im Schützenkorps, die Schläge 11 bis 15 gelten den
Preisträgern des Schießens, auf daß sie auch so erfolgreich beim Königsschießen abschneiden, die Schläge 16 bis 20 dem bevorstehenden Schützenfest, das erfolgreich verlaufen möge, und die letzten
5 Schläge dem neuen Schützenkönig, gleich aus welcher Versicherung er gestellt wird.
In den letzten Jahren konnte der Präsident manches Mitglied für langjährige Zugehörigkeit zur Versicherung ehren, was sicherlich ein gutes Licht auf die Solidargemeinschaft wirft, doch können die
älteren Mitglieder oft nicht mehr so aktiv an den Schießveranstaltungen teilnehmen, dafür aber immer gern am Festessen und an Ausfahrten, die in königlosen Jahren durchgeführt werden.
In diesem Jahr 2004 konnten wir immerhin unser 80-jähriges Jubiläum feiern, und hoffen auf weitere gute Jahre.